23 Februar 2007

BVerfG zur Unterschriftensammlung der Polizei

Die Beschwerdeführerin, eine Polizeigewerkschaft, veranstaltete in
Nordrhein-Westfalen im Herbst 2002 eine landesweite
Unterschriftenaktion. Mit einem Flugblatt warb sie unter Hinweis auf
mehr als sieben Millionen geleisteter Überstunden für die Einstellung
von 5.000 neuen Polizeibediensteten. Sie legte Flugblätter und
Unterschriftenlisten auch im öffentlich zugänglichen Bereich von
Polizeidienststellen aus. In der Folgezeit untersagte das
Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen das Auslegen derartiger
Listen in Polizeidienstgebäuden. Die hiergegen gerichtete Klage der
Polizeigewerkschaft vor den Arbeitsgerichten war in allen Instanzen
erfolglos.

Die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat die
Verfassungsbeschwerde der Polizeigewerkschaft nicht zur Entscheidung
angenommen. Eine Verletzung des Grundrechts der Koalitionsfreiheit (Art.
9 Abs. 3 GG) liegt nicht vor. Die Fachgerichte sind zu Recht davon
ausgegangen, dass die staatliche Neutralität und das öffentliche
Vertrauen in die Objektivität und gemeinwohlorientierte Ausführung der
Amtsgeschäfte beeinträchtigt werden können, wenn sich eine Gewerkschaft
den – hier sogar räumlich zu verstehenden – Bereich staatlicher
Aufgabenerfüllung zur Durchsetzung ihrer politischen Forderungen zu
Nutze zu machen versucht. Das staatliche Anliegen, jeden Anschein einer
Billigung oder Unterstützung interessengeleiteter Forderungen durch
seine Bediensteten, Dienststellen und Behörden zu vermeiden, ist
geeignet, politisch motivierter Betätigung von Interessengruppen
innerhalb von Dienstgebäuden auch im Schutzbereich des Art. 9 Abs. 3 GG
Grenzen zu setzen.

Pressemitteilung Nr. 19/2007 vom 23. Februar 2007

Zum Beschluss vom 6. Februar 2007 – 1 BvR 978/05 –