08 März 2007

BVerfG zum Schlichtungsrecht

Die im Gütestellen- und Schlichtungsgesetz des Landes Nordrhein-
Westfalen vorgesehene Verpflichtung zur Durchführung eines
außergerichtlichen Schlichtungsverfahrens vor einer Inanspruchnahme der
staatlichen Gerichte ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Insbesondere verstößt die Regelung nicht gegen den allgemeinen
Justizgewährungsanspruch. Mit dieser Begründung hat die 1. Kammer des
Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts die Verfassungsbeschwerde
eines Beschwerdeführers nicht zur Entscheidung angenommen, dessen
Schadenersatzklage über 310 DM vom Amtsgericht wegen Nichtdurchführung
eines Schlichtungsverfahrens abgewiesen worden war.

Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:
Die Regelung über die obligatorische Streitschlichtung, die der
einverständlichen Konfliktbewältigung und damit der Entlastung der
Ziviljustiz dient, belastet den Rechtsuchenden nicht unangemessen. Ihm
wird in keinem Fall der Zugang zu den staatlichen Gerichten versperrt.
Die Regelung erschwert ihn zwar und führt bei einem Scheitern des
Einigungsversuchs zu Verzögerungen und höheren Kosten. Dieser möglichen
Beeinträchtigung stehen aber hinreichende Vorteile für den
Rechtsuchenden gegenüber. Im Erfolgsfalle führt die außergerichtliche
Streitschlichtung dazu, dass eine Inanspruchnahme der staatlichen
Gerichte wegen der schon erreichten Einigung entbehrlich ist, so dass
die Streitschlichtung für die Betroffenen kostengünstiger und vielfach
wohl auch schneller erfolgen kann als eine gerichtliche
Auseinandersetzung.

Der Gesetzgeber durfte auch davon ausgehen, dass die gesetzlichen
Eignungskriterien, die für die als Gütestellen handelnden Personen
maßgeblich sind, nicht voll mit denen identisch sein müssen, die für den
Einsatz rechtsberatender Berufe kennzeichnend sind. Der Erfolg eines auf
eine einverständliche Konfliktbewältigung zielenden Verfahrens kann auch
davon abhängen, dass nicht nur die rechtliche Prägung eines Konflikts
beachtet wird, sondern auch andere Gesichtspunkte einbezogen werden,
etwa die Beziehung der Parteien belastende und in der Folge den Konflikt
prägende Elemente.

Eine restriktive Auslegung der Regelung dahingehend, dass bei
erkennbarer Aussichtslosigkeit die Durchführung des
Schlichtungsverfahrens entbehrlich wird, ist verfassungsrechtlich nicht
geboten. Der Gesetzgeber durfte typisierend davon ausgehen, dass der
erfolglose Verlauf vorprozessualer Gespräche zwischen den Parteien nicht
zwingend auf die Aussichtslosigkeit eines Schlichtungsverfahrens
hindeutet.

Pressemitteilung Nr. 28/2007 vom 8. März 2007

Zum Beschluss vom 14. Februar 2007 – 1 BvR 1351/01 –