12 März 1999

BVerfG: Blockade "Castor-Transporte"

Erfolglose Verfassungsbeschwerden gegen Bußgeld wegen Blockade auf Bahnanlagen im Zusammenhang mit "Castor-Transport"

Mit Beschluß vom 12. März 1998 hat die 1. Kammer des Ersten Senats des BVerfG die Verfassungsbeschwerden zweier Atomkraftgegnerinnen gegen ihre rechtskräftigen Verurteilungen zur Zahlung von Geldbußen wegen einer Blockade auf Bahnanlagen im Zusammenhang mit dem "Castor-Transport" im April 1995 nicht zur Entscheidung angenommen.

I.

1. Am 25. April 1995 fand aus Anlaß eines Transports von Castor-Behältern eine behördlich untersagte Versammlung statt. An dieser hatten die Beschwerdeführerinnen teilgenommen und sich an Eisenbahnschienen, die nur noch für Castor-Transporte benutzt werden, angekettet. Das Versammlungsverbot wurde später vom Verwaltungsgericht wegen unzureichender Gefahrenprognose für rechtswidrig erklärt.

In letzter Instanz verurteilte das Oberlandesgericht Celle (OLG) die Beschwerdeführerinnen wegen Verstoßes gegen die Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung (EBO) sowie das Versammlungsgesetz (VersG) zu einer Geldbuße in Höhe von 500,-- DM.

Hiergegen wendeten sich die Beschwerdeführerinnen mit ihrer Verfassungsbeschwerde und rügten u.a. eine Verletzung des Grundrechts der Versammlungsfreiheit (Art. 8 Abs. 1 GG).

2. Die 1. Kammer des Ersten Senats hat die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

Zur Begründung heißt es u.a.:

Zwar ist es mit dem Grundrecht der Versammlungsfreiheit unvereinbar, daß das OLG einen Verstoß gegen das VersG angenommen hat, ohne zu berücksichtigen, ob das Versammlungsverbot rechtmäßig war (s. Beschluß des Ersten Senats vom 1. Dezember 1992; BVerfGE 87, 399ff). Dies wirkt sich aber für die Beschwerdeführerinnen nicht besonders schwerwiegend aus, weil das OLG bei der Bemessung des Bußgelds den Verstoß gegen die EBO in den Vordergrund gerückt hatte.

Hinsichtlich der Verurteilung wegen dieses Verstoßes bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Art. 8 Abs. 1 GG wird durch die Vorschriften der EBO in verfassungsmäßiger Weise eingeschränkt. Auch hat das OLG bei der Auslegung und Anwendung der Vorschriften Art. 8 Abs. 1 GG nicht verkannt. Anders als die Bestimmungen des VersG bezieht sich die EBO nicht speziell auf ein Verhalten im Zusammenhang mit verbotenen Demonstrationen. Vielmehr wirkt diese einer generellen Gefahr für die Sicherheit des Schienenverkehrs entgegen. Ihre Anwendung hängt also nicht von der Rechtmäßigkeit des Versammlungsverbots ab.

Aus verfassungsrechtlicher Sicht steht der Verurteilung auch nicht die Einlassung der Beschwerdeführerinnen entgegen, die von ihnen blockierten Bahnanlagen seien stillgelegt und würden nur noch gelegentlich für Castor- Transporte benutzt. Am Tag der Blockade wurde auf der Strecke ein Castor- Behälter transportierender Zug erwartet, auf dessen Blockade es den Beschwerdeführerinnen gerade ankam.

Beschlüsse vom 12.03.1998 - 1 BvR 2165/96 und 1 BvR 2168/96

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II.

Ebenfalls durch Beschluß vom 12. März 1998 hat dieselbe Kammer eine weitere Verfassungsbeschwerde gegen ein rechtskräftig verhängtes Bußgeld wegen Verstoßes gegen die EBO nicht zur Entscheidung angenommen. Auch in diesem Fall hatte die Beschwerdeführerin am 25. April 1995 an der Demonstration (s. oben) teilgenommen und sich auf den Eisenbahnanlagen aufgehalten.

Beschluß vom 12.03.1998 - 1 BvR 222/97