27 Dezember 2007

4 Windkraftanlagen dürfen auf der Glindower Platte errichtet werden

Das Oberverwaltungsgericht hat die Klage der Stadt Werder (Havel) gegen die Errichtung von 4 Windkraftanlagen auf der Glindower Platte abgewiesen und damit das Urteils des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 3. Juni 2005 abgeändert. Die Stadt Werder hatte ihr nach dem BauGB erforderliches Einvernehmen zu diesem Vorhaben verweigert. Das Landesumweltamt Brandenburg hatte das Einvernehmen daraufhin ersetzt und einer Gesellschaft für regenerative Energien mbH am 23. Mai 2002 die erforderliche immissionsschutzrechtliche Genehmigung erteilt.

Der 11. Senat ist wie das Verwaltungsgericht der Auffassung, das Vorhaben verstoße nicht gegen das Verunstaltungsverbot gemäß § 35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB F. 98. Nicht gefolgt ist der Senat jedoch der Einschätzung des Verwaltungsgerichts, dass schon der Entwurf des Teilregionalplans „Windenergie, Freiraum und Sicherung der Kulturlandschaft " für die Region Havelland-Fläming (Stand 23. Mai 2002), in dem die Glindower Platte nicht als Eignungsgebiet für Windkraftanlagen ausgewiesen war, verlässlich der Errichtung der Windkraftanlagen entgegengestanden habe. Maßgeblich hierfür ist, dass zu diesem Zeitpunkt noch ein wirksamer Flächennutzungsplan von 2001 bestand. Dieser sah das fragliche Gebiet als Sonderbaufläche für Windkraftanlagen vor. Nach der Begründung des Entwurfs des Teilregionalplans wäre die Errichtung solcher Anlagen damit weiter zulässig gewesen. Zudem hatte dieser Entwurf die Glindower Platte als empfindlichen Teileraum der Kulturlandschaft ausgewiesen, was ebenfalls zum Ausschluss von Windkraftanlagen dort führen sollte. Zu dieser Ausweisung ist es aber in der endgültigen Fassung des Teilregionalplans nicht gekommen. Auch aus diesem Grunde konnte nicht von der erforderlichen Verlässlichkeit der maßgeblichen Entwurfsfassung ausgegangen werden.

Urteil vom 22. Dezember 2006 - OVG 11 B 11.05 -
Pressemitteilung - 54/2006 Berlin, den 27.12.2006

21 Dezember 2007

Künftig mehr Transparenz im Versicherungswesen

Presseerklärung - Berlin, 21. Dezember 2007

Die Verordnung über Informationspflichten bei Versicherungsverträgen (VVG-InfoV) ist heute im Bundesgesetzgesetzblatt verkündet worden. Sie beruht auf § 7 des neuen Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) und bestimmt, welche Informationen den Versicherungsnehmern vor dem Vertragsschluss und während der Laufzeit des Vertrages übermittelt werden müssen. Erstmals ist auch eine Regelung zur Kostenangabe vorgesehen.

„Künftig soll jeder Versicherungsnehmer vor Abschluss des Vertrages wissen, was ihn die angebotene Lebens-, Berufsunfähigkeits- oder Krankenversicherung kostet. Ab 1. Juli 2008 müssen die Versicherer in Euro und Cent angeben, welche Kosten sie in die Prämie eingerechnet haben. Vermittler und Vertrieb kosten Geld, und ein guter Versicherungsvermittler hat auch das Recht auf eine anständige Bezahlung. Allerdings muss der Kunde wissen, wofür er sein Geld ausgibt. Wir wollen mündige Verbraucher, die umfassend informiert werden, bevor sie Verträge abschließen“, sagte Bundesjustizministerin Zypries.

Auch das Bundesverfassungsgericht hatte im Februar 2006 eine weitergehende Kostentransparenz gefordert: „Bleiben den Versicherungsnehmern Art und Höhe der zu verrechnenden Abschlusskosten und der Verrechnungsmodus unbekannt, ist ihnen eine eigen bestimmte Entscheidung darüber unmöglich, ob sie einen Vertrag zu den konkreten Konditionen abschließen wollen.“ Die Entscheidung bezieht sich auf die Lebensversicherung. Die Aussage hat aber darüber hinaus Bedeutung.

Die Neuregelung zur Kostenangabe liegt ganz auf der Linie anderer Vorschriften und Gerichtsentscheidungen zur Verbesserung der Transparenz bei Finanzdienstleistungen. So verpflichtet bereits die europäische Finanzmarktrichtlinie zu mehr Information über Gebühren, Provisionen, Entgelte und Auslagen bei Dienstleistungen im Zusammenhang mit Wertpapieren. Das am 1. November 2007 in Kraft getretene Umsetzungsgesetz zu dieser Richtlinie sieht den europäischen Vorgaben entsprechend vor, dass beispielsweise Provisionen in jedem Fall separat anzugeben sind (§ 31 Wertpapierhandelsgesetz). Bereits im Dezember 2006 hatte der Bundesgerichtshof zum Wertpapiergeschäft der Banken entschieden, dass der Kunde über Rückvergütungen zugunsten der Banken aufgeklärt werden muss, damit er beurteilen kann, ob eine Anlageempfehlung möglicherweise auch im Interesse der vermittelnden Bank erfolgt. Die VVG-InfoV fügt sich in diese Tendenz zu mehr Kostentransparenz ein und kann damit Signalwirkung auch für andere Bereiche des Versicherungswesens wie beispielsweise die Riester-Rente haben.

Für eine verbesserte Information der Verbraucher sorgt auch ein „Produktinformationsblatt“, das ab 1. Juli 2008 für alle Neuverträge verbindlich vorgeschrieben wird. Die Versicherungsnehmer erhalten künftig vor jedem Vertragsschluss ein Merkblatt, das sie in besonders übersichtlicher und verständlicher Weise über die für den Abschluss oder die Erfüllung des Vertrages besonders wichtigen Umstände informiert.

„Versicherungsbedingungen sind oft unübersichtlich und schwer verständlich. Mit dem Produktinformationsblatt können sich die Verbraucher schnell und zielgerichtet einen Überblick über ihren Vertrag verschaffen“, erläuterte Brigitte Zypries.

Die Verordnung enthält weiterhin zahlreiche Informationspflichten, die seit langem geltendes Recht sind, bislang aber in unterschiedlichen Gesetzen geregelt waren. Die jetzt vorgenommene Zusammenfassung in einer Verordnung dient der Vereinheitlichung und trägt damit auch dazu bei, dem Rechtssuchenden die Orientierung zu erleichtern.

Die Verordnung tritt am 1. Januar 2008 in Kraft, mit Übergangfristen bis zum 30. Juni 2008. Die Regelungen zur Kostenangabe und zum Produktinformationsblatt treten am 1. Juli 2008 in Kraft.

Weitere Informationen zur Verordnung und zum VVG haben wir für Sie unter www.bmj.de/vvg zusammengestellt.

  • Versicherungsrecht
  • 19 Dezember 2007

    Zypries für konkrete Maßnahmen zum besseren Schutz von Kindern

    Presseerklärung - Berlin, 19. Dezember 2007

    In den vergangenen Monaten sind vermehrt Fälle bekannt geworden, in denen Kinder von ihren Eltern misshandelt oder vernachlässigt wurden. Vertreter der Bundesregierung und die Ministerpräsidenten der Länder beraten heute über Maßnahmen zum besseren Schutz von Kindern. Bundesjustizministerin Zypries hat konkrete Vorschläge unterbreitet, um gefährdete Kinder effektiv zu schützen.

    „Die tragischen Fälle in den letzten Monaten haben erhebliche Defizite beim Schutz besonders gefährdeter Kinder offengelegt. Schätzungen zu Folge werden etwa 5 bis 10 % aller Kinder unter 6 Jahren vernachlässigt. Immer häufiger sterben Kinder an den Folgen von Vernachlässigung und Misshandlung. Viele Risikofamilien können mit den herkömmlichen Angeboten der Jugendämter, der Erziehungsberatung oder der Familienbildung nicht im erforderlichen Umfang erreicht werden. Es ist deshalb dringend notwendig, den Schutzauftrag unserer staatlichen Gemeinschaft zu stärken. Ich habe konkrete Vorschläge unterbreitet, wie ein effektiver Schutz von Kindern erreicht werden kann“, erklärte Bundesjustizministerin Zypries heute in Berlin.

    Zypries setzt sich insbesondere für die folgenden Maßnahmen ein:

    Verbindliches Einladungswesen für Vorsorgeuntersuchungen
    Einige Länder sehen bereits ein verbindliches Einladewesen für Früherkennungsuntersuchungen von Kindern vor. Bundesjustizministerin Zypries unterstützt dieses System. Sie schlägt eine Ergänzung des § 8a des Achten Buches Sozialgesetzbuch – Kinder und Jugendhilfe – um folgenden Absatz (1a) vor:

    „Nehmen die Personensorgeberechtigen trotz wiederholter Aufforderung nicht an einer Früherkennungsuntersuchung für ihr Kind teil, prüft das Jugendamt, ob Anhaltspunkte für eine Gefährdung des Kindeswohls bestehen. Ergeben sich dabei aufgrund zusätzlicher Umstände Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung, ist ein Hausbesuch durchzuführen. Die Stellen, die nach Landesrecht für die Überprüfung der Teilnahme an Früherkennungsuntersuchungen zuständig sind, teilen dem Jugendamt mit, wenn Personensorgeberechtigte trotz wiederholter Aufforderung nicht an einer Früherkennungsuntersuchung teilgenommen haben.“

    Die ärztlichen Früherkennungsuntersuchungen bieten die Möglichkeit, frühzeitig auf Vernachlässigung und Misshandlung von Kindern aufmerksam zu werden und eine Schädigung des Kindes abzuwenden. Die ganz überwiegende Mehrzahl der Eltern kümmert sich verantwortungsvoll und gut um ihre Kinder. Wir wollen daher die Eltern nicht gesetzlich zu Vorsorgeuntersuchungen zwingen. Allerdings kann die Versäumung einer Früherkennungsuntersuchung in Verbindung mit anderen Faktoren Anzeichen für eine Gefährdung des Kindes sein. So können etwa Hinweise aus dem Umfeld der Familie auf eine Vernachlässigung, Verwahrlosung oder Misshandlung schließen lassen.

    Deshalb sollen die Jugendämter verpflichtet werden zu prüfen, ob Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung vorliegen, wenn die Eltern trotz wiederholter Aufforderung nicht an einer Früherkennungsuntersuchung für ihr Kind teilnehmen. Sprechen darüber hinaus weitere Umstände für eine Vernachlässigung des Kindes, muss ein Hausbesuch erfolgen. Auf diese Weise kann Risikofamilien besser geholfen und Kinder effektiver geschützt werden.

    Erleichterung familiengerichtlicher Maßnahmen bei einer Gefährdung des Kindeswohls
    Bereits im Juli 2007 hat Bundesjustizministerin Zypries einen Gesetzesentwurf zur Erleichterung familiengerichtlicher Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls vorgestellt. Er wird derzeit im Deutschen Bundestag beraten. Der Gesetzesvorschlag setzt auf Prävention. Familiengerichte sollen früh tätig werden, bevor das Kind zu Schaden kommt bzw. ein Entzug des Sorgerechts notwendig wird. Deshalb werden den Gerichten konkrete Handlungsalternativen an die Hand gegeben, die sie schon frühzeitig anordnen können. Sie können die Familien z. B. zu einem Anti-Gewalt-Trainining verpflichten, eine Erziehungsberatung oder Maßnahmen der Gesundheitsfürsorge anordnen. Außerdem müssen familiengerichtliche Verfahren bei einer Gefährdung des Kindeswohls künftig vorrangig behandelt werden. Ein erster Gerichtstermin muss schon binnen eines Monats stattfinden. Darüber hinaus soll die Gefährdung des Kindes schon im Vorfeld und unabhängig von einem gerichtlichen Einschreiten erörtert werden. Dabei soll den Eltern der Ernst der Lage vor Augen geführt und darauf hingewirkt werden, dass sie notwendige Erziehungshilfen des Jugendamtes besser in Anspruch nehmen.

    Zusammenarbeit zwischen Gerichten und Jugendämtern verbessern
    Bundesjustizministerin Zypries will eine reibungslose Kooperation der Familien- und Jugendgerichte mit den Jugendämtern zum Wohle gefährdeter Kinder und Jugendlicher sicherstellen. Staatliches Handeln gegenüber Eltern und Kindern in schwierigen Lebenssituationen sollte stets aufeinander abgestimmt und widerspruchsfrei sein.

    Kinderrechte im Grundgesetz
    Nach Artikel 6 Abs. 1 des Grundgesetzes steht die Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung. Das Recht der Eltern wird in Artikel 6 Abs. 2 des Grundgesetzes gewährleistet. Danach sind die Pflege und Erziehung der Kinder das natürliche Recht der Eltern. Freilich müssen sie ihr Elternrecht zum Wohl des Kindes ausüben. Zwar ist die Bedeutung des Kindeswohls seit langem auch in der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung anerkannt, das Kindeswohl selbst wird im Grundgesetz jedoch nicht ausdrücklich erwähnt. Bundesjustizministerin Zypries will die Rechte der Kinder in der Verfassung stärker zum Ausdruck bringen und als eigenes subjektives Recht formulieren. Sie schlägt in Übereinstimmung mit dem Präsidium der SPD die Einfügung eines neuen Absatzes in Artikel 6 des Grundgesetzes vor:

    „Jedes Kind hat ein Recht auf Entwicklung und Entfaltung seiner Persönlichkeit, auf gewaltfreie Erziehung und auf den besonderen Schutz vor Gewalt, Vernachlässigung und Ausbeutung. Die staatliche Gemeinschaft achtet, schützt und fördert die Rechte des Kindes und trägt Sorge für kindgerechte Lebensbedingungen.“

    Diese Ergänzung des Grundgesetzes enthält eine objektive Handlungsanweisung an alle staatlichen Organe. Sie müssen das Recht des Kindes auf Entwicklung und Entfaltung seiner Persönlichkeit beachten. Die ausdrückliche Festschreibung der Kinderrechte wird bewirken, dass die Belange der Kinder im Rahmen staatlicher Entscheidungen bei der Abwägung der betroffenen Interessen größeres Gewicht erlangen. So werden der Gesetzgeber und die öffentliche Verwaltung z. B. bei der Finanzierung, dem Bau oder der Ausstattung von Kindergärten, Spielplätzen oder sonstigen öffentlichen Einrichtungen das Wohl des Kindes besonders in den Blick nehmen. Auch für die Gerichte wird damit ausdrücklich normiert, dass sie ihre Entscheidungen am Kindeswohl auszurichten haben.

    Kinder können sich zudem selbst auf dieses subjektive Recht berufen und im Einzelfall z. B. mit einer Verfassungsbeschwerde durchsetzen. Im Gegensatz zu einer Staatszielbestimmung hat diese Grundgesetzänderung also nicht nur Appellfunktion.

  • Kinderschutz
  • 17 Dezember 2007

    Lächerliche Presseerklärung zum Kindesunterhalt

    Um duchschnittlich 1,75 € steigt der Kindesunterhalt - und daraus wird folgende Presseerklärung gemacht:

    Neue Düsseldorfer Tabelle: Mehr Geld für Kinder
    Berlin, 17. Dezember 2007

    Die Richterinnen und Richter der Familiensenate des Oberlandesgerichts Düsseldorf haben heute die ab dem 1. Januar 2008 geltende „Düsseldorfer Tabelle“ vorgestellt. Sie gilt bundesweit als Richtschnur für die Festlegung des Kindesunterhalts. Nach der neuen Tabelle wird der Kindesunterhalt im Durchschnitt um 1,75 € steigen. Eine Neufestsetzung zum 1. Januar 2008 wurde notwendig, weil an diesem Tag das neue Unterhaltsrecht in Kraft tritt.

    „Ich freue mich, dass der Kindesunterhalt nach der neuen Düsseldorfer Tabelle in Westdeutschland durchschnittlich um 1,75 € steigt. In Ostdeutschland ist die Erhöhung des Kindesunterhalts im Durchschnitt sogar noch erheblich höher, weil in den neuen Bundesländern nach der Unterhaltsrechtsreform erstmals die höheren, westdeutschen Unterhaltssätze gelten. Mit dem neuen Unterhaltsrecht bekommen wir also in ganz Deutschland einheitliche Beträge. Die bisherige Unterscheidung danach, ob das unterhaltsberechtigte Kind in Westdeutschland oder in Ostdeutschland lebt und deshalb weniger Unterhalt bekommt, gehört dank der Reform der Vergangenheit an. Die neue Tabelle ist ein gutes Startsignal für das neue Unterhaltsrecht“ sagte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries heute in Berlin.

    Die Düsseldorfer Tabelle wird von den Richterinnen und Richtern der Familiensenate des Oberlandesgerichts Düsseldorf in Abstimmung mit den anderen Oberlandesgerichten und dem Deutschen Familiengerichtstag in regelmäßigen Abständen neu gefasst. Ihr liegt ein von den Richterinnen und Richtern entwickeltes System zugrunde, mit dem der Unterhaltsbedarf von Kindern nach verschiedenen Einkommensgruppen bestimmt wird. Grundlage der Tabelle ist der sog. Mindestunterhalt, der in keinem Fall unterschritten werden darf. Diesen Mindestunterhalt hat der Gesetzgeber mit der Unterhaltsreform festgelegt. Er entspricht der Höhe nach dem bisherigen Regelbetrag. „Nach dem neuen Unterhaltsrecht kann der Mindestunterhalt nicht absinken. Das haben wir in einer Übergangsregelung ausdrücklich festgeschrieben“, betonte Zypries.

    In der Düsseldorfer Tabelle wird die Unterhaltsverpflichtung für alle Einkommen (differenziert) festgeschrieben. Mit steigendem Einkommen des Vaters oder der Mutter erhöht sich auch der Unterhaltsanspruch des Kindes. In der Tabelle werden außerdem die genauen Zahlbeträge in den höheren Einkommensgruppen sowie die Unterhaltssätze für volljährige, noch im Elternhaus lebende Kinder festgesetzt. Dabei liegt es in der Gestaltungsverantwortung der Düsseldorfer Tabelle, ab welchem Einkommen und in welchen Einkommensgruppen es zu einer Erhöhung des Mindestunterhalts kommt. Gleiches gilt für die Steigerungsraten, mit der der Unterhalt von Einkommensstufe zu Einkommensstufe erhöht wird. Eine gesetzliche Vorgabe gibt es dafür nicht. Das gesetzliche Unterhaltsrecht bestimmt allein, dass der Unterhalt im Verhältnis zu den Lebensverhältnissen der Eltern angemessen sein muss. Die Festlegung des Kindesunterhalts obliegt im konkreten Fall den Gerichten, die dabei im Wesentlichen die Düsseldorfer Tabelle zugrunde legen.

    Der neuen Tabelle liegt – wie schon bislang – die Annahme zugrunde, dass der Schuldner gegenüber drei Berechtigten (einem Ehegatten und zwei Kindern) unterhaltspflichtig ist. Wo diese Annahme im Einzelfall nicht zutrifft, weil beispielsweise nur ein Kind zu versorgen ist, erfolgt in der Praxis eine Einstufung in die nächsthöhere Einkommensgruppe.

    Die neue „Düsseldorfer Tabelle“ findet sich unter www.olg-duesseldorf.nrw.de/service/ddorftab/intro.htm und auf der Homepage des Bundesministeriums der Justiz, www.bmj.de unterhalt.

    13 Dezember 2007

    Bundestag verabschiedet Gesetz zur Anfechtung von „Scheinvaterschaften“

    Presseerklärung - Berlin, 13. Dezember 2007

    Der Bundestag hat heute einen Gesetzentwurf verabschiedet, der die Anfechtung von missbräuchlichen Vaterschaftsanerkennungen ermöglicht. Staatliche Behörden erhalten künftig die Befugnis, Vaterschaftsanerkennungen dann anzufechten, wenn der Anerkennung weder eine sozial-familiäre Beziehung noch eine leibliche Vaterschaft zugrunde liegt.

    „Vaterschaften sollen um der Kinder Willen anerkannt werden, nicht allein wegen der Papiere. Mit dem Gesetz wollen wir verhindern, dass Regelungen zum Aufenthalt in Deutschland durch missbräuchliche Vaterschaftsanerkennungen umgangen werden. Fälle, in denen Männer die Vaterschaft anerkennen, um den eigenen Aufenthaltstatus zu verbessern, aber tatsächlich keine Verantwortung für das Kind übernehmen, sind nicht im Interesse der vielen „echten“ binationalen Familien. Wir schaffen daher ein geordnetes Verfahren, um den Missbrauch aufdecken zu können“, sagte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries.

    Beispiel:
    Eine allein erziehende ausländische Frau lebt mit ihrem vierjährigen Sohn in Deutschland. Ihre Aufenthaltsgenehmigung läuft ab und wird nicht verlängert. Mit Ablauf der Aufenthaltsgenehmigung ist sie ausreisepflichtig, muss also Deutschland verlassen. Um dies zu vermeiden, zahlt sie einem Obdachlosen mit deutscher Staatsangehörigkeit Geld dafür, dass er die Vaterschaft für ihren Sohn anerkennt. Weder die Mutter noch der „frischgebackene Vater“ haben ein Interesse daran, dass letzterer Kontakt zu seinem „Sohn“ hat. Durch die Anerkennung wird der Sohn nach deutschem Staatsangehörigkeitsrecht automatisch deutscher Staatsbürger, seine Mutter darf dann auch in Deutschland bleiben.

    Die wesentlichen Inhalte des Gesetzentwurfs:

    Der Gesetzentwurf ergänzt die Regelungen zur Anfechtung der Vaterschaft im Bürger- lichen Gesetzbuch um ein Anfechtungsrecht für eine öffentliche Stelle.
    Die für die Anfechtung zuständige Behörde sollen die Länder entsprechend den Bedürfnissen vor Ort selbst bestimmen können.
    Die Anfechtung ist nur erfolgreich, wenn zwischen dem Kind und dem Anerkennenden keine sozial-familiäre Beziehung besteht oder im Zeitpunkt der Anerkennung bestan- den hat. Dadurch wird verhindert, dass durch die Anfechtung eine vom Grundgesetz in Artikel 6 geschützte Familie auseinander gerissen wird.
    Außerdem setzt die Anfechtung voraus, dass durch die Anerkennung der Vaterschaft rechtliche Voraussetzungen für die erlaubte Einreise oder den erlaubten Aufenthalt des Kindes oder eines Elternteiles geschaffen werden. Dieses Kriterium dient dazu, die Missbrauchsfälle zu erfassen, die mit diesem Gesetz unterbunden werden sollen: Vaterschaften sollen um der Kinder Willen anerkannt werden, nicht allein wegen der Aufenthaltspapiere.
    Die Anfechtung setzt weiter voraus, dass der Anerkennende nicht der leibliche Vater des Kindes ist (allgemeine Anfechtungsvoraussetzung).
    Gibt das Familiengericht der Anfechtungsklage statt, entfällt die Vaterschaft des Anerkennenden mit Rückwirkung auf den Tag der Geburt des Kindes.
    Das Gesetz wahrt das Konzept der Kindschaftsrechtsreform von 1998. Diese hat die Elternautonomie gestärkt und die Entstehung von Familien gefördert, indem sie das Zustandekommen einer wirksamen Vaterschaftsanerkennung allein an formgebundene Erklärungen des Vaters (Anerkennung) und der Mutter (Zustimmung) knüpft. Vor 1998 musste ein Amtspfleger der Anerkennung im Regelfall zustimmen. Dies wurde mit Recht als eine unnötige Bevormundung der Eltern empfunden. Deshalb hat der Gesetzgeber 1998 bewusst auf Kontrollmechanismen verzichtet, weil der Anerkennende in der Regel Verantwortungsbereitschaft für das Kind zeigt.

    „An diesem Regelungskonzept halten wir fest. Es ermöglicht uns, nicht nur leibliche, sondern auch soziale Vaterschaften zu schützen. Nicht schützenswert sind jedoch Vaterschaften, die allein auf staatsangehörigkeits- und ausländerrechtliche Vorteile abzielen. In solchen Missbrauchsfällen soll künftig eine staatliche Stelle die Vaterschaft anfechten können“, sagte Brigitte Zypries.

    04 Dezember 2007

    Evaluierung: Graffiti-Gesetz im Kampf gegen Schmierereien erfolgreich

    Presseerklärung - Berlin, 4. Dezember 2007

    Die im September 2005 eingeführte Neuregelung zur Strafbarkeit von Graffiti hat sich bewährt. Dies ist das Ergebnis einer Umfrage des Bundesjustizministeriums bei den Justizverwaltungen der Länder zwei Jahre nach Inkrafttreten der Gesetzesänderung.

    “Die Evaluierung zeigt, dass die neue Regelung praxistauglich ist. Zwei Jahre nach Inkrafttreten der neuen Strafvorschriften können wir zufrieden feststellen, dass die strafrechtliche Aufarbeitung von Farbschmierereien wesentlich erleichtert wurde“, erläuterte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries.

    Bis zur Gesetzesnovelle konnten die Gerichte Farbschmierereien nur dann als Sachbeschädigung bestrafen, wenn nachweisbar war, dass die Farbe die Substanz beschädigt hat, auf die sie aufgesprüht wurde. Dazu musste im Strafverfahren häufig mit zeit- und kostenaufwändigen Gutachten untersucht werden, ob die Reinigung der Sache – sei es eine Hauswand oder ein Zugwaggon – zu einer Beschädigung des Mauerwerks oder der Karosserie geführt hat.

    Seit der Neuregelung der §§ 303 und 304 des Strafgesetzbuches (Sachbeschädigung und Gemeinschädliche Sachbeschädigung) genügt es, wenn das Erscheinungsbild der jeweils geschützten Sache erheblich und nicht nur vorübergehend verändert wird, auf eine Substanzverletzung kommt es nicht mehr an. Die Anforderungen an den Nachweis einer Sachbeschädigung durch Farbschmierereien sind damit wesentlich erleichtert worden. Umfangreiche Gutachten zur Frage der Beschädigung der durch Graffiti verunstalteten Sache sind nicht mehr nötig. Die Länder haben die neuen Vorschriften mehrheitlich begrüßt und eine insgesamt positive Bilanz zur Strafverfolgung von Sachbeschädigungen durch Graffiti gezogen.

    Mit der Evaluierung wurde eine Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag umgesetzt, wonach die Praxistauglichkeit der Gesetzesänderung zur Strafbarkeit von Graffiti zwei Jahre nach deren Inkrafttreten überprüft werden soll.

  • Graffiti
  •