Nr. 1/2000 Zuständigkeit des Generalbundesanwalts zur Verfolgung rechtsextremistischer Gewalttäter bestätigt
Der Generalbundesanwalt führt gegen mehrere Jugendliche und einen Heranwachsenden ein Ermittlungsverfahren wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung. Den Beschuldigten liegt zur Last, gemeinschaftlich versucht zu haben, aus dem niederen Beweggrund "Ausländerhaß" zwei Vietnamesen zu töten, und diese vorsätzlich schwer verletzt zu haben. Die Täter - Mitglieder der örtlichen rechtsextremistischen Jugendszene - sollen die Vietnamesen verfolgt, sie zu Fall gebracht und wuchtig mit den Fäusten sowie mit - teilweise schweren, festen - Schuhen auf Kopf, Bauch und Rücken der Geschädigten eingetreten haben. Dabei sollen sie Parolen wie "Ausländer verrecke" und "Ausländersau" geschrieen haben.
Nach einer von einem der Beschuldigte beantragten mündlichen Haftprüfung hat der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs angeordnet, daß der ergangene Haftbefehl des Landgerichts Neubrandenburg aufrechterhalten bleibt und weiterhin zu vollziehen ist. Die gegen diese Entscheidung gerichtete Beschwerde wurde vom 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs verworfen.
Der Bundesgerichtshof hat in seinem Beschluß die Strafgerichtsbarkeit des Bundes und damit die Zuständigkeit des Generalbundesanwalts zur Strafverfolgung bejaht. Da die Tat "nach den Umständen bestimmt" und geeignet ist, die innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen, und der Generalbundesanwalt die ausnahmsweise gegebene besondere Bedeutung des Falles im Hinblick auf die Wiederholungsgefahr durch Gleichgesinnte und die im In- und Ausland hervorgerufene besondere Beachtung in vertretbarer Weise bejaht hat, handelt es sich um eine Straftat aus dem Bereich des Staatsschutzes, für den nicht die Strafgerichtsbarkeit der Bundesländer, sondern die des Bundes gegeben ist. Durch die aus rechtsextremistischer Gesinnung seit 1990 immer wieder gegen ausländische Mitbürger begangen Straftaten mit schwerwiegenden Folgen für die Opfer, die lediglich als Repräsentanten der von den Tätern gehaßten Gruppe der Ausländer angegriffen werden, wird zum einen das friedliche Zusammenleben von Deutschen und Ausländern empfindlich gestört; zum anderen wird auch in der Öffentlichkeit, insbesondere unter den in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Ausländern, ein allgemeines Klima der Angst und Einschüchterung hervorgerufen, in dem die innere Sicherheit beeinträchtigende Zweifel aufkommen, ob die Sicherheitsorgane in ausreichendem Maße fähig und entschlossen sind, die ausländischen Mitbürger zu schützen. Außerdem lösen sie bei Personen mit einer rechtsextremen Gesinnung einen Nachahmungseffekt aus mit der Folge einer immer schwerer beherrschbaren Gefahr. Es sind ausreichende Anhaltspunkte dafür vorhanden, daß von den Tätern diese sich ihnen aufdrängenden Auswirkungen ihrer Straftat gewollt waren .
In seiner Entscheidung hat der Bundesgerichtshof bestätigt, daß der Beschwerdeführer nach dem derzeitigen Ermittlungsstand der mittäterschaftlichen Beteiligung an der ihm vorgeworfenen Straftat dringend verdächtig ist, die Haftgründe der Verdunkelungs- und Fluchtgefahr bestehen und angesichts der Schwere des Tatvorwurfs der weitere Vollzug des Haftbefehls nicht unverhältnismäßig ist.
Beschluß vom 12. Januar 2000 – StB 15/99
Karlsruhe, den 14. Januar 2000